Wirksamkeit der Entstauungstherapie und der apparativen intermittierenden Kompression bei Patientinnen mit Armlymphödem nach Brustkrebsbehandlung
HINTERGRUND: Beim sekundären Armlymphöden handelt es sich um eine relativ häufige Komplikation nach einer Brustkrebsoperation. Zwar gilt hier die Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE) als „Goldstandard“, doch herrscht noch immer Uneinigkeit darüber, ob es Sinn macht, sie durch eine apparative intermittierende Kompression (AIK) zu ergänzen. So war das Ziel dieser Studie, die Wirksamkeit der KPE mit der Wirksamkeit von KPE in Verbindung mit AIK im Hinblick auf Ödemausmaß, Schmerzen, Funktionsstatus und Lebensqualität bei Patientinnen mit sekundärem Armlymphödem nach Brustkrebsbehandlung zu vergleichen.
METHODEN: Für diese prospektive, randomisierte, parallele, nicht verblindete Studie wurden 108 Frauen (mittleres Alter 56,8±8,5 Jahre) mit sekundärem Armlymphödem nach einer vor 57,4±46,2 Monaten erfolgten Brustkrebsoperation rekrutiert. Sie wurden nach dem Zufallsprinzip einer KPE-(Krontroll-)Gruppe oder einer KPE+AIK-Gruppe (experimentell) zugeteilt. Das KPE-Protokoll umfasste Hautpflege, ML, mehrlagige Kurzzugkompressionsbandagen sowie von Therapeuten vorgegebene Bewegungsübungen. Ergänzend dazu erhielt die experimentelle Gruppe apparative intermittierende Kompression jeweils 30 Minuten pro Tag mit einem Druck von 40 mmHg. Die Behandlungen wurden einmal täglich, fünf Tage die Woche drei Wochen lang durchgeführt. Die Patientinnen wurden angewiesen, drei Monate lang nach Behandlungsende weiterhin selbständig Hautpflege, Manuelle Lymphdrainage, Kompressionsarmstrümpfe und Bewegungsübungen anzuwenden.
ERGEBNISMESSUNGEN: Vor, unmittelbar nach und drei Monate nach Ende der Behandlung wurden Armumfang, Bewegungsradius der Schulter, Greifkraft, Schmerzen mittels visueller Analogskala (VAS), Gesamtfunktionsfähigkeit des Arms mittels DASH-Fragebogen (DASH = Disability of the Arm, Shoulder and Hand) und Lebensqualität mittels funktioneller Analyse der Krebstherapie – Brust 4+ (FACT-B4+) ermittelt.
Die statistischen Analysen umfassten je nach Bedarf deskriptive Methoden, Varianzanalysen (ANOVA) bei Messwiederholungen, Kovarianzanalysen, Mann-Whitney U-Tests, Chi-Quadrat-Tests und exakte Tests nach Fisher.
ERGEBNISSE: Von insgesamt 108 randomisiert zugewiesenen Patientinnen schlossen 102 das gesamte Protokoll ab (51 in jeder Gruppe). Ihre Daten wurden analysiert. Zwischen den beiden Gruppen gab es keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich demografischer Zusammensetzung und klinischem Bild. Die ANOVA-Analyse zeigte, dass sich bei allen untersuchten Variablen die Zeit als signifikanter Haupteffekt erwies (p < 0,01), doch dass es keinen signifikanten gruppenspezifischen Zeitbezug gab (0,07 ≤ p ≤ 0,99). Insbesondere konnte kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen in Bezug auf das Ausmaß der Ödemabnahme, den Bewegungsradius der Schulter, die Greifkraft, Schmerzen, DASH-Scores und FACT-B4+-Scores am Ende der Behandlung und bei der Kontrolle nach drei Monaten festgestellt werden.
FAZIT: Bei Patientinnen mit Armlymphödem nach einer Krebsbehandlung ist die kombinierte KPE/AIK-Therapie nicht wirksamer als die KPE alleine.
SCHLÜSSELWÖRTER: Brustkrebs; Lymphödem; physikalische Therapiemodalitäten; Drainage; Kompressionsbandagen; Behandlungsergebnisse; Lebensqualität.
Auf dem Bild v.l.n.r.: Dr. Erich Brenner, Preisträgerin Dr. Dragana Bojinović-Rodić und Professor Hildegard Wittlinger.
Effektivität der Manuellen Lymphdrainage bei sekundären Lymphabflussstärungen
Thomas Seitz
Die aktuelle Diskussion um die Effektivität der manuellen Lymphdrainage (MLD), welche zwischen den InteressenesvertreterInnen des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungträger und der Gesellschaft für MLD herrscht, war derAusgangspunkt des Autors für die Erstellung einer wissenschaftlichen Arbeit zu dieser Theamtik. Ziel war es, eine Übersicht zum wissenschaftlichen Stand über die Effektivität der MLD als Teilprozess der Komplexen Physikalischen Entstauungstherapie zu geben und methodische Unterschiede in den vorhandenen Studien aufzuzeigen. Dazu wurde von Dezember 2011 bis März 2012 eine systematische Literaturrecherche in Internetdatenbanken, Fachzeitschriften und -büchern durchgeführt und auf folgende Punkte bei der analyse der inkludierten Studien eingegangen: Angabe der TherapeutInnenqualifikation, Nennung und Beschreibung der durchgeführten MLD, Kontraindikationen der MLD, Messmethoden zur Bestiummung des Ödemvolumens, Beschreibung der Ergebnissse und Bewertung der Studie gemäß der PEDro-Skala. Die Thematik wurde aus der Sichtweise der Literatur nach Dr. Vodder aufgearbeitet. Das Ergebnis ist ein narratives Review mit 14 inkludierten Studien und einem Studienprotokoll. Es stellte sich heraus, dass die derzeitige Studienlage hinsichtlich der Effektivität der MLD kontrovers diskutiert wird. Die Arbeit verdeutlicht, dass die Studien hinsichtlich der Untersuchungskriterien sowohl Mängel als aucheine beträchtliche Heterogenität aufweisen. Zudem zeigen sich hinsichtlichdesmethodischen Vorgehens in der Anwendung der MLD deutliche Abweichungen von dem Konzept, wie es durch Dr. Vodder beschrieben wird. Dies stellt eine Erklärung für unterschiedliche oder, die MLD betreffend, negative Studienergebnisse dar. Der Autor gibt aufgrund der neu gewonnenen Erkenntnisse Anstoß dazu, dass es zur Überprüfung der Wirksamkeit der MLD neue Studien - speziell unter Berücksichtigung einer vorschriftsmäßigen Applikation des verwendeten Konzepts - bedarf.